Unabhängige Beratung zu WetterRisiken und
WetterRisikoManagement mit WetterDerivaten
Wetterderivate

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Wetterderivate
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Die folgenden Informationen
wurden uns freundlicherweise von der EUREX / Deutsche
Börse AG zur Verfügung gestellt
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Übersicht
Wetter Indices der Deutschen Börsen eröffnen
Marktteilnehmern einen kostenlosen Zugang zu wirtschaftlich
relevanten Wetterdaten. Darüber hinaus sollen die Indizes
bei sich abzeichnender Marktreife in der Zukunft als Underlying
für an der Eurex gehandelte Wetterderivate dienen. Im Folgenden
erhalten Sie grundlegende Informationen zu Wetterderivaten
und den geplanten Produkten der Eurex.
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Historische
Entwicklung
Der wirtschaftliche Erfolg
einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen wird von Wetterereignissen
beeinflusst. In einem relativ kühlen Sommer können beispielsweise
die Getränke- und Eiscreme- industrie weniger absetzen als
in einem heißen Sommer. Zu heiße, zu kühle, zu trockene
oder zu feuchte Sommer dagegen beeinflussen die Qualität
und Quantität der Ernten in der Landwirt- schaft. In einem
milden Winter werden weniger Brennstoffe verbraucht als
in Jahren mit starkem Frost. Hoteliers in den Bergen verzeichnen
in Jahren mit wenig Schnee Verdienstausfälle. Die Liste
der vom Wetter beeinflussten Wirtschaftszweige lässt sich
fast beliebig fortsetzen. Bis 1997 konnten sich Unternehmen
gegen solche Wetterrisiken, wenn überhaupt, nur durch klassi-
sche Versicherungspolicen absichern. Das erste publik gemachte
Wetterderivat wurde im Sep- tember 1997 in den USA zwischen
zwei Energieversorgern gehandelt. Ziel des Derivates war
es, durch Temperaturschwankungen ausgelöste Veränderungen
in den Stromabsatzmengen der beiden Energieversorger während
der Wintersaison 1997/98 monetär auszugleichen. Das ein-
fache Produktkonzept analog zu seit Jahrzehnten bekannten
Finanzoptionen sowie der einleuch- tende ökonomische Nutzen
führten in der Folgezeit zu der Entwicklung eines neuen
Derivate- zweiges, dem Handel von Wetterderivaten. Bis zum
Sommer 2000 wurden insgesamt mehr als 2.500 Transaktionen
mit einem Gegenwert von über US$ 7 Mrd. gemeldet. Die umsatzstärksten
Marktteilnehmer sind bisher große Investmentbanken, Rückversicherungen
und eine Reihe an Energieversorgern. Aktive Marktteilnehmer
kommen aber auch aus der Landwirtschaft, dem produzierenden
Gewerbe, der Freizeit-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie,
der Bauwirtschaft sowie der Textilwirtschaft.
In Europa wurde die erste
Transaktion mit Wetterderivaten im Herbst 1998 gemeldet.
In 1999 folgten ihr sieben weitere. Im März 2000 kam schließlich
die erste Transaktion mit Beteiligung eines deutschen Marktteilnehmers,
einem Energieversorger, zustande. Marktteilnehmer schätzen
den nominellen Gegenwert europäischer Wetterderivate im
Sommer 2000 mit Euro 75 Mio. auf wenig mehr als 1% des amerikanischen
Volumens.
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Grundstrukturen
Rund 3/4 aller Wetterderivate
werden in Form von Optionen gehandelt, etwa 1/4 aller Wetter-
derivate sind Swaps und einige wenige Transaktionen beziehen
sich auf komplexere Options- kombinationen wie Collars,
Straddles, Strangles und andere. Alle genannten Arten von
Wetter- derivaten zeichnen sich durch sieben gemeinsame
Spezifikationsparameter aus:
Ort: In der Regel beziehen
sich Wetterderivate auf eine Messstation an einem bestimmten
Ort, z. B. den Flughafen Frankfurt.
Zugrundeliegender Index:
Die gebräuchlichsten Indizes sind HDD und CDD Indizes. Nieder-
schlagsmengen, Windgeschwindigkeiten und andere Wettermerkmale
sind aber ebenfalls möglich.
Zeitperiode: Wetterderivate
beziehen sich in der Regel auf monatliche, z.B. Januar 2001,
oder saisonale Perioden, z. B. Heizperiode von Oktober 2000
bis März 2001.
Ausübungspreis: In den meisten
Fällen wird der Ausübungspreis in HDD oder CDD angegeben.
Er kennzeichnet den Wert, ab dem eine Vertragsseite der
anderen finanzielle Ausgleichszahlungen leisten muss.
Nominalbetrag: Dies ist
der in Euro gemessene Wert, z. B. Euro 10.000 pro gemessenen
HDD, den eine Vertragsseite an die andere zahlen muss.
Obergrenze (Cap) bzw. Untergrenze
(Floor): Caps und Floors begrenzen die maximale Auszah-
lung, die sich aus einem Wetterderivat ergeben kann. Sie
werden in der Regel ebenfalls in HDD oder CDD angegeben.
Prämie: Bei Optionskontrakten
zahlt der Käufer der Option an den Verkäufer eine individuell
vereinbarte Prämie. Swaps kommen aufgrund der symmetrischen
Zahlungsstruktur in der Regel ohne Prämienzahlungen aus.
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Wetterindizes
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Kurze Einführung zu Energiegradtagen, Heizungsgradtagen
und Kühlungsgradtagen
Obwohl Wetterderivate sich
auf eine Vielzahl unterschiedlicher Wetterparameter wie
Nieder- schläge, Windgeschwindigkeiten, Bedeckungsgrade
und andere beziehen können, werden bei über 95% aller OTC-Wetterderivate
Temperaturen als zugrundeliegende Bezugsgröße gewählt. In
den USA und auch in Europa begann der Handel mit Wetterderivaten
zwischen Stromver- sorgern. Bei den meisten Versorgern korrelieren
die täglichen Stromabsatzmengen eng mit der Differenz zwischen
der aktuellen Tagesdurchschnittstemperatur ((Tagesmaximum
- Tagesmini- mum)/2) und einer festen Vergleichstemperatur.
Je nach dem wie weit die Tagesdurchschnitts- temperatur
von der definierten Vergleichstemperatur abweicht, kann
die Stromnachfrage höher oder niedriger ausfallen, sodass
Temperaturschwankungen sich auf die Profitabilität der Energie-
versorger auswirken. Um dieses Risiko gegenüber der täglichen
Durchschnittstemperatur zu messen, entstand das Konzept
der sogenannten Gradtage (Im folgenden werden die im Wetter-
handel etablierten amerikanischen Abkürzungen verwendet:
DD = Degree Days (Gradtage); EDD = Energy Degree Days (Energiegradtage),
HDD = Heating Degree Days (Heizgradtage) und CDD = Cooling
Degree Days (Kühlungsgradtage)). Dieses ist nunmehr das
Standardmaß für die große Mehrheit aller Transaktionen,
auch außerhalb der Energiewirtschaft. Ausübungspreise bei
Op- tionen und Limite werden in Gradtagen angegeben. Der
Wert eines Gradtages wie auch even- tuelle Limite werden
im OTC-Markt individuell zwischen Käufer und Verkäufer ausgehandelt.
Möchte beispielsweise ein Käufer einen Kontrakt mit einem
Limit von 500 Gradtagen und einer Auszahlung von Euro 10.000
je Gradtag erwerben, so kommen auf die Vertragspartner Aus-
gleichszahlungen von bis zu Euro 5 Mio. (500 DD x Euro 10.000)
zu.
Ein Energiegradtag (EDD)
ist ein Grad Differenz zwischen der täglichen Durchschnittstemperatur
über oder unter der Vergleichstemperatur von 18°C (in den
USA 65°F). 18°C wurden deshalb als Vergleichstemperatur
gewählt, weil viele Haushalte bei niedrigeren Temperaturen
ihr Heizungen und bei höheren Temperaturen - insbesondere
in den USA - ihre Klimaanlagen einschalten. Dies führt automatisch
zu zwei weiteren Schlüsselbegriffen, die bei Wetterderivaten
häufig Verwen- dung finden. Ist die Durchschnittstemperatur
eines Tages geringer als 18°C, so werden die dabei gemessenen
Gradtage auch Heizgradtage (HDD) genannt. Liegt die tägliche
Durch- schnittstemperatur über 18°C, so werden die Gradtage
Kühlungsgradtage (CDD) genannt.
Mathematisch ausgedrückt
heißt dies:
Tägliche HDD = Maximum (0,
18°C - tägliche Durchschnittstemperatur)
Tägliche CDD = Maximum (0,
tägliche Durchschnittstemperatur - 18°C)
Demnach hat ein Tag mit
einer Durchschnittstemperatur von 2°C insgesamt 16 HDD und
0 CDD. Analog hat ein Tag mit einer Durchschnittstemperatur
von 27°C insgesamt 0 HDD und 9 CDD. Beide Tage zusammengefasst
ergeben 25 EDD, 16 HDD und 9 CDD für die Zweitagesperiode.
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Anwendungsbeispiele
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Absicherung mit einer Put-Option
Stromlieferant Energiedirekt
aus Süd-Hessen stellt fest, dass sein Stromabsatz bei einem
Tem- peraturanstieg von 1°C um 400 Mwh pro Tag zurückgeht.
Bei einem durchschnittlichen Preis von Euro 18/Mwh entspricht
dies über einen Monat einem Umsatzverlust von Euro 223.200
(18 Euro /Mwh x 400 Mwh x 31 Tage). Dies bedeutet, dass
der Stromlieferant in milden Wintern wesent- lich weniger
Energie verkaufen kann als in kalten Jahren. In den letzten
30 Jahren (1969-1998) lag die durchschnittliche Heizgradtageszahl
für den Monat Januar in der Stadt Frankfurt bei 686,4. In
18 der genannten 30 Jahre lag die HDD-Zahl für den Monat
unter dem Wert von 500. In diesen Jahren konnte der Stromlieferant
besonders wenig Energie verkaufen. Um sich nun gegen die
Umsatzausfälle in einem milden Januar abzusichern, beschließt
er, im September 2000 eine Put-Option auf die HDD-Zahl des
Januars 2001 mit einem Ausübungspreis von 500 HDD und einem
Multiplikator von Euro 7.200 (=400 Mwh x Euro 18/Mwh) je
HDD zu kaufen. Da es in den letzten 30 Jahren keinen Januar
mit weniger als 400 HDD gegeben hat, vereinbart der Stromlie-
ferant für die Put-Option ein Limit von 100 HDD (Ausübungspreis
500 HDD - Minimum HDD 400). Die 100 HDD entsprechen einem
maximalen Auszahlungsbetrag der Option von brutto Euro 720.000
(100 HDD x Euro 7.200/HDD). Der Verkäufer der Option, die
Investmentbank Cash- collect, verlangt für den Kauf der
Option und die Übernahme des damit verbundenen Risikos eine
Optionsprämie in Höhe von Euro 120.000. Die folgende Grafik
zeigt das Auszahlungsdiagramm der Put-Option Ende Januar
2001 in Abhängigkeit von den gemessenen HDD aus Sicht des
Strom- lieferanten Energiedirekt:
Bei 500 HDD beginnt die
Option an Wert zu gewinnen. Bei 483,3 HDD erreicht sie den
Break Even. Werden im nächsten Januar beispielsweise 450
HDD gemessen, so zahlt Investmentbank Cashcollect an den
Stromlieferanten Energiedirekt netto Euro 240.000 (Euro
7.200 x 50 - Euro 120.000) aus. Bei gemessenen 400 HDD oder
weniger erhält der Stromlieferant den Maximalbe- trag von
netto Euro 600.000 (Euro 720.000 - Euro 120.000 Optionsprämie)
ausbezahlt. Bei einem kühlen Januar mit mehr als 500 HDD
kann die Investmentbank Cashcollect die eingenom- mene Optionsprämie
von Euro 120.000 als Gewinn verbuchen und zahlt nichts an
den Strom- lieferanten. Dieser profitiert aufgrund der Kälte
in diesem Fall jedoch von erhöhten Absatz- mengen.
Der Kauf der Put-Option
wirkt für den Stromlieferanten in dem obigen Beispiel wie
eine Versiche- rung. Ist der Januar relativ warm, so bekommt
er von der Investmentbank seine Umsatzein- bußen erstattet.
Ist der Januar relativ kalt, so bekommt er zwar keine Zahlung
aus der Option, setzt aber eine größere Strommenge ab. Durch
den Einsatz der Wetteroption verringert Strom- lieferant
Energiedirekt daher die Schwankungsbreite seines Umsatzes
und wird von extremen Temperaturentwicklungen nicht mehr
nachteilig betroffen. An positiven Temperaturentwick- lungen
partizipiert er jedoch weiterhin vollständig. Lediglich
die Optionsprämie wird unabhängig von der eingetretenen
Temperaturentwicklung in jedem Fall fällig.
Für die Investmentbank Cashcollect
macht der Verkauf der Option Sinn, da sie so in eine Asset-Klasse
investiert, die nicht mit bestehenden Investitionen im Aktien-,
Zins-, Kredit- oder Währungsbereich korreliert. Risiken
werden gestreut und in anderen Geschäftsfeldern vorhan-
dene Strukturen, Systeme und erworbenes Wissen lassen sich
ohne großen Aufwand auf einen weiteren Bereich übertragen.
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Absicherung
mit einem Swap
Eisproduzent Polar-Frost
verliert mit jedem Grad Celsius unter dem langjährigen Temperatur-
durchschnitt des Monats Juli in dieser Zeit Euro 1.000.000
an Umsatz.
Der Spezialreiseanbieter
Tropical Dreams ist in umgekehrter Weise vom Wetter abhängig.
Insbe- sondere im Last Minute Bereich kurbeln kühle Sommer
sein Geschäft richtig an. In warmen Jahren bleibt jedoch
ein guter Teil des Umsatzes aus, da es dann weniger Kunden
zu exotischen Reisezielen zieht. Der Reiseanbieter stellt
fest, dass er durchschnittlich Euro 1.000.000 pro Monat
Juli verliert, wenn die Durchschnittstemperatur um ein Grad
Celsius über dem langjährigen Durchschnitt liegt.
Sowohl der Reiseanbieter
Tropical Dreams als auch Eisproduzent Polar-Frost möchten
sich gegen das Geschäftsrisiko absichern, welches aus den
Temperaturschwankungen resultiert. Beide gehen daher folgendes
Swap-Geschäft ein:
Ein Grad Celsius Abweichung
vom Temperaturdurchschnitt über den Monat Juli entsprechen
31 CDD (31 Tage x 1 Grad Celsius). Aufgrund des ohnehin
relativ milden Klimas in Deutschland be- tragen die durchschnittlichen
CDD von 1969 bis 1998 für Frankfurt für den Monat Juli knapp
70. Der Maximumwert lag 1994 bei 177,5 CDD und das Minimum
1974 bei 17 CDD. Tropical Dreams kauft von Polar Frost einen
CDD-Swap, bei dem Polar Frost für jeden CDD über dem langjährigen
Durchschnitt von 70 am Ende des Monats Juli 2001 Euro 30.000
an Tropical Dreams zahlen muss. Umgekehrt verpflichtet sich
Tropical Dreams, für jeden CDD unter dem Durchschnitt von
70 jeweils Euro 30.000 an Polar Frost auszuzahlen. Zur Begrenzung
der maximalen Ausgleichs- zahlungen auf Euro 1,5 Mio. vereinbaren
die beiden Geschäftspartner eine Untergrenze (Floor) von
20 CDD und eine Obergrenze (Cap) von 120 CDD. Die folgende
Grafik zeigt das Auszah- lungsdiagramm des Swaps für Ende
Juli 2001 in Anhängigkeit von den gemessenen CDD aus Sicht
des Reiseanbieters Tropical Dreams:
Bei 70 CDD muss keiner der
beiden Vertragspartner einer Zahlung leisten. Bei beispielsweise
100 CDD erhält Tropical Dreams Euro 900.000 (Euro 30.000
x (100 CDD - 70 CDD)) von Polar-Frost. Dies entspricht in
etwa seinen Umsatzeinbußen bei einem Anstieg der Durchschnittstemperatur
von 1 Grad Celsius. Bei 120 oder mehr CDD greift das CAP,
Tropical Dreams erhält in diesem Fall immer Euro 1,5 Mio.
(Euro 30.000 x (120 CDD - 70 CDD)).
Werden weniger als 70 CDD
gemessen, so muss Tropical Dreams an Polar Frost Zahlungen
leis- ten. Bei 40 CDD wären dies ebenfalls Euro 900.000
(Euro 30.000 x (70 CDD - 40 CDD)), welche die Umsatzeinbußen
des Eisproduzenten fast vollständig ausgleichen würden.
Bei 20 oder we- niger CDD würde der Floor greifen. In diesem
Falls würde Tropical Dreams Euro 1,5 Mio. an Polar-Frost
auszahlen.
Beide Firmen erreichen durch
den Abschluss des Temperatur-Swaps eine Verringerung in
der Schwankungsbreite ihrer Umsatzvolumina für den Monat
Juli. Anders als bei dem vorher be- schriebenen Optionsgeschäft
profitieren sie aber nicht mehr in vollem Maße von einem
für sie außergewöhnlich guten Juli, da sie in diesem Fall
Zahlungen an den Kontraktpartner zu leisten haben. Dafür
fällt bei Abschluss des Geschäftes aber auch keine Optionsprämie
an. Dies ist möglich, da die Risiken beim Swap symmetrisch
auf beide Vertragspartner verteilt sind, während beim Optionsgeschäft
die Risiken asymmetrisch von den Beteiligten getragen werden.
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Hindernisse
Gesetzliche und steuerliche
Behandlung von Wetterderivaten
Obwohl sich Wetterderivate
technisch nicht von Aktien-, Zins- oder Währungstermingeschäften
unterscheiden, sind gesetzliche und steuerliche Regelungen
für letztere nicht automatisch in allen Ländern auch für
Wetterderivate gültig. Obwohl der Handel mit Wetterderivaten
in den USA mit Abstand am weitesten entwickelt ist, sind
Wetterderivate beispielsweise wie normale Versicherungsverträge
von der FAS 133 ausgenommen. Diese ist die von der US Financial
Accounting Standards Board, dem Regulier für US Bilanzierung,
erlassene Regelung zur steuer- lichen Behandlung von Derivaten.
In Europa unterscheiden
sich die gesetzlichen Regelungen zu Wetterderivaten von
Land zu Land. In Frankreich, Holland und Schweden fallen
Wetterderivate unter die gesetzlichen Rege- lungen für Warenterminkontrakte.
In Großbritannien werden Wetterderivate von der Securities
and Futures Authority (SFA) reguliert. In Deutschland, Italien
und Spanien gibt es keinerlei Regulierungen für Wetterderivate.
In Polen könnten Wetterderivate sogar als unautorisierte
Versicherungsgeschäfte angesehen werden.
Unsicherheiten über den
gesetzlichen Rahmen, die steuerliche Behandlung und die
Bilanzierung können Marktteilnehmer davon abhalten, ein
eigentlich sinnvolles Instrument zur Risikosteuerung einzusetzen.
Die Erfahrungen aus anderen neu entstanden Derivatemärkten
zeigen aber, dass fehlende Regelungen keine unüberwindlichen
Hindernisse für die Entwicklung eines Derivate- marktes
darstellen. Bei dem derzeit stark wachsenden Handel mit
Kreditderivaten hat beispiels- weise das Bundesaufsichtsamt
für Kreditwesen sehr schnell in seinem Rundschreiben 10/99
die Behandlung von Kreditderivaten im Grundsatz I gemäß
§§ 10, 10a KWG und im Rahmen der Groß- kredit- und Millionenkreditvorschriften
geregelt. Um einen Branchenstandard zur Bewertung und Bilanzierung
von Kreditderivaten zu schaffen, hat der Bundesverband Deutscher
Banken im August 2000 einen Vorschlag dazu vorgelegt. Bei
einer weiter zunehmenden Verbreitung von Wetterderivaten
ist davon auszugehen, dass Branchenverbände und staatliche
Regulierer ähn- lich schnell Vorschläge unterbreiten und
konkrete Regelungen erlassen werden.
Preismodelle
Bei Aktienoptionen hat sich
in den frühen 70er Jahren das Black-Scholes-Optionspreismodell
als Standard zur Bestimmung eines fairen Optionspreises
durchgesetzt und ist es bis heute geblie- ben. Bei der Preisbestimmung
von Wetterderivaten gibt es einen solchen allgemein akzeptierten
Standard noch nicht. Market Maker, Banken und Versicherungen
verwenden meist individuelle Preismodelle, die sie verständlicherweise
nicht veröffentlichen, da ihnen dann Vorteile bei Ge- schäftsabschlüssen
verloren gehen könnten.
Dies heißt jedoch nicht,
dass interessierten Marktteilnehmern keine Preismodelle
zur Verfügung stehen würden. Insbesondere amerikanische
Beratungsunternehmen bieten Preismodelle zum Kauf an. Relativ
einfach und eigenständig sind vergangenheitsorientierte
Szenarioanalysen zu erstellen. In diesen wird untersucht,
welche Zahlungsverpflichtungen sich beispielsweise in jedem
der letzten dreißig Jahre ergeben hätten, wenn das zu analysierende
Wetterderivat in diesen ge- oder verkauft worden wäre. Daraus
lässt sich ein Erwartungswert für den Zahlungs- strom dieses
einen Wetterderivates bestimmen, der als Grundlage für die
Preisverhandlungen bei Vertragsabschluß verwendet werden
kann.
Wiederum andere Preismodelle
verwenden Wettervorhersagen zur Preisbestimmung eines Wet-
terderivates. Jedoch ist keine der beschriebenen Methoden
"perfekt". Die Ergebnisse der ein- zelnen Methoden unterscheiden
sich teilweise stark voneinander, so dass Geld- und Briefpreise
für ein Wetterderivat weit auseinander liegen können. Aber
beispielsweise auch der Terminhan- del mit Strom zeigt als
anderer Markt mit ähnlichen Problemen, dass eine wachsende
Anzahl an Marktteilnehmern zu geringeren Spannen zwischen
An- und Verkaufspreisen führen wird und sich bestimmte Methoden
zur Preisbestimmung durchsetzen werden.
Kosten der Datengewinnung
und Datenqualität
Grundvoraussetzung zur Anwendung
von Wetterderivaten ist der Zugang zu aktuellen und histo-
rischen Wetterdaten. Jedoch variieren Qualität und Kosten
der zugänglichen Daten erheblich. Die Wetterindizes der
Deutschen Börse werden ausschließlich aus geprüften Wetterdaten
des Deutschen Wetterdienstes berechnet. Eine hohe Qualität
ist dadurch garantiert. Die Indizes werden darüber hinaus
den interessierten Marktteilnehmern kostenlos zur Verfügung
gestellt.
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Ausblick:
Handel von Wetterderivaten an der Eurex
Die Wetterindizes der Deutschen
Börse sind einfach nachzuvollziehen und sollen in einer
späte- ren Phase als Grundlage für Wetterderivate an der
Eurex verwendet werden. Die Voraussetzun- gen für einen
kostenlosen Zugang zu notwendigen Wetterdaten für Marktteilnehmer
sind durch die Indizes geschaffen. Bevor ein Börsenhandel
von Wetterderivaten jedoch mit ausreichender Liquidität
stattfinden kann, müssen die vorab genannten Handelshindernisse
überwunden wer- den. Unabdingbar ist auch eine deutliche
Verbreiterung der derzeitigen Anwenderbasis. Denn erst wenn
Banken, (Rück-) Versicherungen und andere Market Maker so
viele individuelle Wet- terrisiken übernommen haben, dass
sie aufgrund des Erreichens ihrer Kapazitätsgrenzen ohne
Absicherung keine weiteren Risiken übernehmen können, wird
die Eurex mit standardisierten Wetterderivaten die geeigneten
Instrumente zur Steuerung von Wetterrisiken auf Portfoliobasis
anbieten können. Wann der europäische Markt für Wetterderivate
diese Reife erlangen wird, ist aus heutiger Sicht noch nicht
absehbar. Rasante Umsatzsteigerungen in anderen Märkten,
bei- spielsweise das schnelle Wachstum des Neuen Marktes
und der daraus resultierende Handel mit Nemax 50 Derivaten
an der Eurex oder das Entstehen liquider Strommärkte binnen
weniger Jahre, zeigen aber, dass diese Entwicklungen auch
kurzfristig vonstatten gehen können.
Die Eurex wird bei entsprechender
Marktreife sowohl die oben skizzierten Swaps als auch Opti-
onen auf die monatlichen und saisonalen europäischen HDD
und CDD Indizes der Deutschen Börse anbieten. Die Derivate
werden Laufzeiten von bis zu 18 Monaten haben. Um einen
mög- lichst hohen Grad an Standardisierung zu erreichen,
werden bei den Wetteroptionen jedoch Basispreise nur in
bestimmten Abstufungen, z. B. 25 HDD oder CDD, zur Verfügung
stehen.
Bei sich abzeichnender Marktreife
werden die endgültigen Kontraktspezifikationen von der Eurex
zusammen mit aktiven und interessierten Marktteilnehmern
festgelegt werden. Dieses bewährte Vorgehen soll von vornherein
zu einer maximalen Marktakzeptanz führen.
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