Unabhängige Beratung zu WetterRisiken und
WetterRisikoManagement mit WetterDerivaten
Wetterderivate

|
|
Wetterderivate
_________________________________________________________________________________
|
|
Wetterderivate
|
Übersicht
Wetter
Indices der Deutschen Börsen eröffnen Marktteilnehmern einen
kostenlosen Zugang zu wirtschaftlich relevanten Wetterdaten.
Darüber hinaus sollen die Indizes bei sich abzeichnender
Marktreife in der Zukunft als Underlying für an der Eurex
gehandelte Wetterderivate dienen. Im Folgenden erhalten
Sie grundlegende Informationen zu Wetterderivaten und den
geplanten Produkten der Eurex.
|
Historische
Entwicklung
Der
wirtschaftliche Erfolg einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen
wird von Wetterereignissen beeinflusst. In einem relativ
kühlen Sommer können beispielsweise die Getränke- und Eiscremeindustrie
weniger absetzen als in einem heißen Sommer. Zu heiße, zu
kühle, zu trockene oder zu feuchte Sommer dagegen beeinflussen
die Qualität und Quantität der Ernten in der Landwirtschaft.
In einem milden Winter werden weniger Brennstoffe verbraucht
als in Jahren mit starkem Frost. Hoteliers in den Bergen
verzeichnen in Jahren mit wenig Schnee Verdienstausfälle.
Die Liste der vom Wetter beeinflussten Wirtschaftszweige
lässt sich fast beliebig fortsetzen. Bis 1997 konnten sich
Unternehmen gegen solche Wetterrisiken, wenn überhaupt,
nur durch klassische Versicherungspolicen absichern. Das
erste publik gemachte Wetterderivat wurde im September 1997
in den USA zwischen zwei Energieversorgern gehandelt. Ziel
des Derivates war es, durch Temperaturschwankungen ausgelöste
Veränderungen in den Stromabsatzmengen der beiden Energieversorger
während der Wintersaison 1997/98 monetär auszugleichen.
Das einfache Produktkonzept analog zu seit Jahrzehnten bekannten
Finanzoptionen sowie der einleuchtende ökonomische Nutzen
führten in der Folgezeit zu der Entwicklung eines neuen
Derivatezweiges, dem Handel von Wetterderivaten. Bis zum
Sommer 2000 wurden insgesamt mehr als 2.500 Transaktionen
mit einem Gegenwert von über US$ 7 Mrd. gemeldet. Die umsatzstärksten
Marktteilnehmer sind bisher große Investmentbanken, Rückversicherungen
und eine Reihe an Energieversorgern. Aktive Marktteilnehmer
kommen aber auch aus der Landwirtschaft, dem produzierenden
Gewerbe, der Freizeit-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie,
der Bauwirtschaft sowie der Textilwirtschaft.
In
Europa wurde die erste Transaktion mit Wetterderivaten im
Herbst 1998 gemeldet. In 1999 folgten ihr sieben weitere.
Im März 2000 kam schließlich die erste Transaktion mit Beteiligung
eines deutschen Marktteilnehmers, einem Energieversorger,
zustande. Marktteilnehmer schätzen den nominellen Gegenwert
europäischer Wetterderivate im Sommer 2000 mit Euro 75 Mio.
auf wenig mehr als 1% des amerikanischen Volumens.
|
Grundstrukturen
Rund
3/4 aller Wetterderivate werden in Form von Optionen gehandelt,
etwa 1/4 aller Wetterderivate sind Swaps und einige wenige
Transaktionen beziehen sich auf komplexere Optionskombinationen
wie Collars, Straddles, Strangles und andere. Alle genannten
Arten von Wetterderivaten zeichnen sich durch sieben gemeinsame
Spezifikationsparameter aus:
Ort:
In der Regel beziehen sich Wetterderivate auf eine Messstation
an einem bestimmten Ort, z. B. den Flughafen Frankfurt.
Zugrundeliegender
Index: Die gebräuchlichsten Indizes sind HDD und CDD Indizes.
Niederschlagsmengen, Windgeschwindigkeiten und andere Wettermerkmale
sind aber ebenfalls möglich.
Zeitperiode:
Wetterderivate beziehen sich in der Regel auf monatliche,
z.B. Januar 2001, oder saisonale Perioden, z. B. Heizperiode
von Oktober 2000 bis März 2001.
Ausübungspreis:
In den meisten Fällen wird der Ausübungspreis in HDD oder
CDD angegeben. Er kennzeichnet den Wert, ab dem eine Vertragsseite
der anderen finanzielle Ausgleichszahlungen leisten muss.
Nominalbetrag:
Dies ist der in Euro gemessene Wert, z. B. Euro 10.000 pro
gemessenen HDD, den eine Vertragsseite an die andere zahlen
muss.
Obergrenze
(Cap) bzw. Untergrenze (Floor): Caps und Floors begrenzen
die maximale Auszahlung, die sich aus einem Wetterderivat
ergeben kann. Sie werden in der Regel ebenfalls in HDD oder
CDD angegeben.
Prämie:
Bei Optionskontrakten zahlt der Käufer der Option an den
Verkäufer eine individuell vereinbarte Prämie. Swaps kommen
aufgrund der symmetrischen Zahlungsstruktur in der Regel
ohne Prämienzahlungen aus.
|
Wetterindizes
|
Kurze
Einführung zu Energiegradtagen, Heizungsgradtagen und Kühlungsgradtagen
Obwohl
Wetterderivate sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher
Wetterparameter wie Niederschläge, Windgeschwindigkeiten,
Bedeckungsgrade und andere beziehen können, werden bei über
95% aller OTC-Wetterderivate Temperaturen als zugrundeliegende
Bezugsgröße gewählt. In den USA und auch in Europa begann
der Handel mit Wetterderivaten zwischen Stromversorgern.
Bei den meisten Versorgern korrelieren die täglichen Stromabsatzmengen
eng mit der Differenz zwischen der aktuellen Tagesdurchschnittstemperatur
((Tagesmaximum - Tagesminimum)/2) und einer festen Vergleichstemperatur.
Je nach dem wie weit die Tagesdurchschnittstemperatur von
der definierten Vergleichstemperatur abweicht, kann die
Stromnachfrage höher oder niedriger ausfallen, sodass Temperaturschwankungen
sich auf die Profitabilität der Energieversorger auswirken.
Um dieses Risiko gegenüber der täglichen Durchschnittstemperatur
zu messen, entstand das Konzept der sogenannten Gradtage
(Im folgenden werden die im Wetterhandel etablierten amerikanischen
Abkürzungen verwendet: DD = Degree Days (Gradtage); EDD
= Energy Degree Days (Energiegradtage), HDD = Heating Degree
Days (Heizgradtage) und CDD = Cooling Degree Days (Kühlungsgradtage)).
Dieses ist nunmehr das Standardmaß für die große Mehrheit
aller Transaktionen, auch außerhalb der Energiewirtschaft.
Ausübungspreise bei Optionen und Limite werden in Gradtagen
angegeben. Der Wert eines Gradtages wie auch eventuelle
Limite werden im OTC-Markt individuell zwischen Käufer und
Verkäufer ausgehandelt. Möchte beispielsweise ein Käufer
einen Kontrakt mit einem Limit von 500 Gradtagen und einer
Auszahlung von Euro 10.000 je Gradtag erwerben, so kommen
auf die Vertragspartner Ausgleichszahlungen von bis zu Euro
5 Mio. (500 DD x Euro 10.000) zu.
Ein
Energiegradtag (EDD) ist ein Grad Differenz zwischen der
täglichen Durchschnittstemperatur über oder unter der Vergleichstemperatur
von 18°C (in den USA 65°F). 18°C wurden deshalb als Vergleichstemperatur
gewählt, weil viele Haushalte bei niedrigeren Temperaturen
ihr Heizungen und bei höheren Temperaturen - insbesondere
in den USA - ihre Klimaanlagen einschalten. Dies führt automatisch
zu zwei weiteren Schlüsselbegriffen, die bei Wetterderivaten
häufig Verwendung finden. Ist die Durchschnittstemperatur
eines Tages geringer als 18°C, so werden die dabei gemessenen
Gradtage auch Heizgradtage (HDD) genannt. Liegt die tägliche
Durchschnittstemperatur über 18°C, so werden die Gradtage
Kühlungsgradtage (CDD) genannt. Mathematisch ausgedrückt
heißt dies:
Tägliche
HDD = Maximum (0, 18°C - tägliche Durchschnittstemperatur)
Tägliche
CDD = Maximum (0, tägliche Durchschnittstemperatur - 18°C)
Demnach
hat ein Tag mit einer Durchschnittstemperatur von 2°C insgesamt
16 HDD und 0 CDD. Analog hat ein Tag mit einer Durchschnittstemperatur
von 27°C insgesamt 0 HDD und 9 CDD. Beide Tage zusammengefasst
ergeben 25 EDD, 16 HDD und 9 CDD für die Zweitagesperiode.
|
Anwendungsbeispiele
|
Absicherung
mit einer Put-Option
Stromlieferant
Energiedirekt aus Süd-Hessen stellt fest, dass sein Stromabsatz
bei einem Temperaturanstieg von 1°C um 400 Mwh pro Tag zurückgeht.
Bei einem durchschnittlichen Preis von Euro 18/Mwh entspricht
dies über einen Monat einem Umsatzverlust von Euro 223.200
(18 Euro /Mwh x 400 Mwh x 31 Tage). Dies bedeutet, dass
der Stromlieferant in milden Wintern wesentlich weniger
Energie verkaufen kann als in kalten Jahren. In den letzten
30 Jahren (1969-1998) lag die durchschnittliche Heizgradtageszahl
für den Monat Januar in der Stadt Frankfurt bei 686,4. In
18 der genannten 30 Jahre lag die HDD-Zahl für den Monat
unter dem Wert von 500. In diesen Jahren konnte der Stromlieferant
besonders wenig Energie verkaufen. Um sich nun gegen die
Umsatzausfälle in einem milden Januar abzusichern, beschließt
er, im September 2000 eine Put-Option auf die HDD-Zahl des
Januars 2001 mit einem Ausübungspreis von 500 HDD und einem
Multiplikator von Euro 7.200 (=400 Mwh x Euro 18/Mwh) je
HDD zu kaufen. Da es in den letzten 30 Jahren keinen Januar
mit weniger als 400 HDD gegeben hat, vereinbart der Stromlieferant
für die Put-Option ein Limit von 100 HDD (Ausübungspreis
500 HDD - Minimum HDD 400). Die 100 HDD entsprechen einem
maximalen Auszahlungsbetrag der Option von brutto Euro 720.000
(100 HDD x Euro 7.200/HDD). Der Verkäufer der Option, die
Investmentbank Cashcollect, verlangt für den Kauf der Option
und die Übernahme des damit verbundenen Risikos eine Optionsprämie
in Höhe von Euro 120.000. Die folgende Grafik zeigt das
Auszahlungsdiagramm der Put-Option Ende Januar 2001 in Abhängigkeit
von den gemessenen HDD aus Sicht des Stromlieferanten Energiedirekt:
Bei
500 HDD beginnt die Option an Wert zu gewinnen. Bei 483,3
HDD erreicht sie den Break Even. Werden im nächsten Januar
beispielsweise 450 HDD gemessen, so zahlt Investmentbank
Cashcollect an den Stromlieferanten Energiedirekt netto
Euro 240.000 (Euro 7.200 x 50 - Euro 120.000) aus. Bei gemessenen
400 HDD oder weniger erhält der Stromlieferant den Maximalbetrag
von netto Euro 600.000 (Euro 720.000 - Euro 120.000 Optionsprämie)
ausbezahlt. Bei einem kühlen Januar mit mehr als 500 HDD
kann die Investmentbank Cashcollect die eingenommene Optionsprämie
von Euro 120.000 als Gewinn verbuchen und zahlt nichts an
den Stromlieferanten. Dieser profitiert aufgrund der Kälte
in diesem Fall jedoch von erhöhten Absatzmengen.
Der
Kauf der Put-Option wirkt für den Stromlieferanten in dem
obigen Beispiel wie eine Versicherung. Ist der Januar relativ
warm, so bekommt er von der Investmentbank seine Umsatzeinbußen
erstattet. Ist der Januar relativ kalt, so bekommt er zwar
keine Zahlung aus der Option, setzt aber eine größere Strommenge
ab. Durch den Einsatz der Wetteroption verringert Stromlieferant
Energiedirekt daher die Schwankungsbreite seines Umsatzes
und wird von extremen Temperaturentwicklungen nicht mehr
nachteilig betroffen. An positiven Temperaturentwicklungen
partizipiert er jedoch weiterhin vollständig. Lediglich
die Optionsprämie wird unabhängig von der eingetretenen
Temperaturentwicklung in jedem Fall fällig.
Für
die Investmentbank Cashcollect macht der Verkauf der Option
Sinn, da sie so in eine Asset-Klasse investiert, die nicht
mit bestehenden Investitionen im Aktien-, Zins-, Kredit-
oder Währungsbereich korreliert. Risiken werden gestreut
und in anderen Geschäftsfeldern vorhandene Strukturen, Systeme
und erworbenes Wissen lassen sich ohne großen Aufwand auf
einen weiteren Bereich übertragen.
|
Absicherung
mit einem Swap
Eisproduzent
Polar-Frost verliert mit jedem Grad Celsius unter dem langjährigen
Temperaturdurchschnitt des Monats Juli in dieser Zeit Euro
1.000.000 an Umsatz.
Der
Spezialreiseanbieter Tropical Dreams ist in umgekehrter
Weise vom Wetter abhängig. Insbesondere im Last Minute Bereich
kurbeln kühle Sommer sein Geschäft richtig an. In warmen
Jahren bleibt jedoch ein guter Teil des Umsatzes aus, da
es dann weniger Kunden zu exotischen Reisezielen zieht.
Der Reiseanbieter stellt fest, dass er durchschnittlich
Euro 1.000.000 pro Monat Juli verliert, wenn die Durchschnittstemperatur
um ein Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt liegt.
Sowohl
der Reiseanbieter Tropical Dreams als auch Eisproduzent
Polar-Frost möchten sich gegen das Geschäftsrisiko absichern,
welches aus den Temperaturschwankungen resultiert. Beide
gehen daher folgendes Swap-Geschäft ein:
Ein
Grad Celsius Abweichung vom Temperaturdurchschnitt über
den Monat Juli entsprechen 31 CDD (31 Tage x 1 Grad Celsius).
Aufgrund des ohnehin relativ milden Klimas in Deutschland
betragen die durchschnittlichen CDD von 1969 bis 1998 für
Frankfurt für den Monat Juli knapp 70. Der Maximumwert lag
1994 bei 177,5 CDD und das Minimum 1974 bei 17 CDD. Tropical
Dreams kauft von Polar Frost einen CDD-Swap, bei dem Polar
Frost für jeden CDD über dem langjährigen Durchschnitt von
70 am Ende des Monats Juli 2001 Euro 30.000 an Tropical
Dreams zahlen muß. Umgekehrt verpflichtet sich Tropical
Dreams, für jeden CDD unter dem Durchschnitt von 70 jeweils
Euro 30.000 an Polar Frost auszuzahlen. Zur Begrenzung der
maximalen Ausgleichszahlungen auf Euro 1,5 Mio. vereinbaren
die beiden Geschäftspartner eine Untergrenze (Floor) von
20 CDD und eine Obergrenze (Cap) von 120 CDD. Die folgende
Grafik zeigt das Auszahlungsdiagramm des Swaps für Ende
Juli 2001 in Anhängigkeit von den gemessenen CDD aus Sicht
des Reiseanbieters Tropical Dreams:
Bei
70 CDD muss keiner der beiden Vertragspartner einer Zahlung
leisten. Bei beispielsweise 100 CDD erhält Tropical Dreams
Euro 900.000 (Euro 30.000 x (100 CDD - 70 CDD)) von Polar-Frost.
Dies entspricht in etwa seinen Umsatzeinbußen bei einem
Anstieg der Durchschnittstemperatur von 1 Grad Celsius.
Bei 120 oder mehr CDD greift das CAP, Tropical Dreams erhält
in diesem Fall immer Euro 1,5 Mio. (Euro 30.000 x (120 CDD
- 70 CDD)).
Werden
weniger als 70 CDD gemessen, so muss Tropical Dreams an
Polar Frost Zahlungen leisten. Bei 40 CDD wären dies ebenfalls
Euro 900.000 (Euro 30.000 x (70 CDD - 40 CDD)), welche die
Umsatzeinbußen des Eisproduzenten fast vollständig ausgleichen
würden. Bei 20 oder weniger CDD würde der Floor greifen.
In diesem Falls würde Tropical Dreams Euro 1,5 Mio. an Polar-Frost
auszahlen.
Beide
Firmen erreichen durch den Abschluss des Temperatur-Swaps
eine Verringerung in der Schwankungsbreite ihrer Umsatzvolumina
für den Monat Juli. Anders als bei dem vorher beschriebenen
Optionsgeschäft profitieren sie aber nicht mehr in vollem
Maße von einem für sie außergewöhnlich guten Juli, da sie
in diesem Fall Zahlungen an den Kontraktpartner zu leisten
haben. Dafür fällt bei Abschluss des Geschäftes aber auch
keine Optionsprämie an. Dies ist möglich, da die Risiken
beim Swap symmetrisch auf beide Vertragspartner verteilt
sind, während beim Optionsgeschäft die Risiken asymmetrisch
von den Beteiligten getragen werden.
|
Hindernisse
Gesetzliche
und steuerliche Behandlung von Wetterderivaten
Obwohl
sich Wetterderivate technisch nicht von Aktien-, Zins- oder
Währungstermingeschäften unterscheiden, sind gesetzliche
und steuerliche Regelungen für letztere nicht automatisch
in allen Ländern auch für Wetterderivate gültig. Obwohl
der Handel mit Wetterderivaten in den USA mit Abstand am
weitesten entwickelt ist, sind Wetterderivate beispielsweise
wie normale Versicherungsverträge von der FAS 133 ausgenommen.
Diese ist die von der US Financial Accounting Standards
Board, dem Regulier für US Bilanzierung, erlassene Regelung
zur steuerlichen Behandlung von Derivaten.
In
Europa unterscheiden sich die gesetzlichen Regelungen zu
Wetterderivaten von Land zu Land. In Frankreich, Holland
und Schweden fallen Wetterderivate unter die gesetzlichen
Regelungen für Warenterminkontrakte. In Großbritannien werden
Wetterderivate von der Securities and Futures Authority
(SFA) reguliert. In Deutschland, Italien und Spanien gibt
es keinerlei Regulierungen für Wetterderivate. In Polen
könnten Wetterderivate sogar als unautorisierte Versicherungsgeschäfte
angesehen werden.
Unsicherheiten
über den gesetzlichen Rahmen, die steuerliche Behandlung
und die Bilanzierung können Marktteilnehmer davon abhalten,
ein eigentlich sinnvolles Instrument zur Risikosteuerung
einzusetzen. Die Erfahrungen aus anderen neu entstanden
Derivatemärkten zeigen aber, dass fehlende Regelungen keine
unüberwindlichen Hindernisse für die Entwicklung eines Derivatemarktes
darstellen. Bei dem derzeit stark wachsenden Handel mit
Kreditderivaten hat beispielsweise das Bundesaufsichtsamt
für Kreditwesen sehr schnell in seinem Rundschreiben 10/99
die Behandlung von Kreditderivaten im Grundsatz I gemäß
§§ 10, 10a KWG und im Rahmen der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften
geregelt. Um einen Branchenstandard zur Bewertung und Bilanzierung
von Kreditderivaten zu schaffen, hat der Bundesverband Deutscher
Banken im August 2000 einen Vorschlag dazu vorgelegt. Bei
einer weiter zunehmenden Verbreitung von Wetterderivaten
ist davon auszugehen, dass Branchenverbände und staatliche
Regulierer ähnlich schnell Vorschläge unterbreiten und konkrete
Regelungen erlassen werden.
Preismodelle
Bei
Aktienoptionen hat sich in den frühen 70er Jahren das Black-Scholes-Optionspreismodell
als Standard zur Bestimmung eines fairen Optionspreises
durchgesetzt und ist es bis heute geblieben. Bei der Preisbestimmung
von Wetterderivaten gibt es einen solchen allgemein akzeptierten
Standard noch nicht. Market Maker, Banken und Versicherungen
verwenden meist individuelle Preismodelle, die sie verständlicherweise
nicht veröffentlichen, da ihnen dann Vorteile bei Geschäftsabschlüssen
verloren gehen könnten.
Dies
heißt jedoch nicht, dass interessierten Marktteilnehmern
keine Preismodelle zur Verfügung stehen würden. Insbesondere
amerikanische Beratungsunternehmen bieten Preismodelle zum
Kauf an. Relativ einfach und eigenständig sind vergangenheitsorientierte
Szenarioanalysen zu erstellen. In diesen wird untersucht,
welche Zahlungsverpflichtungen sich beispielsweise in jedem
der letzten dreißig Jahre ergeben hätten, wenn das zu analysierende
Wetterderivat in diesen ge- oder verkauft worden wäre. Daraus
lässt sich ein Erwartungswert für den Zahlungsstrom dieses
einen Wetterderivates bestimmen, der als Grundlage für die
Preisverhandlungen bei Vertragsabschluß verwendet werden
kann.
Wiederum
andere Preismodelle verwenden Wettervorhersagen zur Preisbestimmung
eines Wetterderivates. Jedoch ist keine der beschriebenen
Methoden "perfekt". Die Ergebnisse der einzelnen Methoden
unterscheiden sich teilweise stark voneinander, so dass
Geld- und Briefpreise für ein Wetterderivat weit auseinander
liegen können. Aber beispielsweise auch der Terminhandel
mit Strom zeigt als anderer Markt mit ähnlichen Problemen,
dass eine wachsende Anzahl an Marktteilnehmern zu geringeren
Spannen zwischen An- und Verkaufspreisen führen wird und
sich bestimmte Methoden zur Preisbestimmung durchsetzen
werden.
Kosten
der Datengewinnung und Datenqualität
Grundvoraussetzung
zur Anwendung von Wetterderivaten ist der Zugang zu aktuellen
und historischen Wetterdaten. Jedoch variieren Qualität
und Kosten der zugänglichen Daten erheblich. Die Wetterindizes
der Deutschen Börse werden ausschließlich aus geprüften
Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes berechnet. Eine
hohe Qualität ist dadurch garantiert. Die Indizes werden
darüber hinaus den interessierten Marktteilnehmern kostenlos
zur Verfügung gestellt.
|
Ausblick:
Handel von Wetterderivaten an der Eurex
Die
Wetterindizes der Deutschen Börse sind einfach nachzuvollziehen
und sollen in einer späteren Phase als Grundlage für Wetterderivate
an der Eurex verwendet werden. Die Voraussetzungen für einen
kostenlosen Zugang zu notwendigen Wetterdaten für Marktteilnehmer
sind durch die Indizes geschaffen. Bevor ein Börsenhandel
von Wetterderivaten jedoch mit ausreichender Liquidität
stattfinden kann, müssen die vorab genannten Handelshindernisse
überwunden werden. Unabdingbar ist auch eine deutliche Verbreiterung
der derzeitigen Anwenderbasis. Denn erst wenn Banken, (Rück-)
Versicherungen und andere Market Maker so viele individuelle
Wetterrisiken übernommen haben, dass sie aufgrund des Erreichens
ihrer Kapazitätsgrenzen ohne Absicherung keine weiteren
Risiken übernehmen können, wird die Eurex mit standardisierten
Wetterderivaten die geeigneten Instrumente zur Steuerung
von Wetterrisiken auf Portfoliobasis anbieten können. Wann
der europäische Markt für Wetterderivate diese Reife erlangen
wird, ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar. Rasante
Umsatzsteigerungen in anderen Märkten, beispielsweise das
schnelle Wachstum des Neuen Marktes und der daraus resultierende
Handel mit Nemax 50 Derivaten an der Eurex oder das Entstehen
liquider Strommärkte binnen weniger Jahre, zeigen aber,
dass diese Entwicklungen auch kurzfristig vonstatten gehen
können.
Die
Eurex wird bei entsprechender Marktreife sowohl die oben
skizzierten Swaps als auch Optionen auf die monatlichen
und saisonalen europäischen HDD und CDD Indizes der Deutschen
Börse anbieten. Die Derivate werden Laufzeiten von bis zu
18 Monaten haben. Um einen möglichst hohen Grad an Standardisierung
zu erreichen, werden bei den Wetteroptionen jedoch Basispreise
nur in bestimmten Abstufungen, z. B. 25 HDD oder CDD, zur
Verfügung stehen.
Bei
sich abzeichnender Marktreife werden die endgültigen Kontraktspezifikationen
von der Eurex zusammen mit aktiven und interessierten Marktteilnehmern
festgelegt werden. Dieses bewährte Vorgehen soll von vornherein
zu einer maximalen Marktakzeptanz führen.
|
|
|
|